Interview

mit
Andreas Kleinert

Diesmal stand mir Andreas R. Kleinert Rede und Antwort. Er ist einer der bekanntesten Softwareentwickler für den Amiga, und zeichnet inbesondere für zahlreiche Grafik-Datatypes, sowie das Anzeige-/Konvertierpaket SuperView verantwortlich.

AmZ: Gregor Franz
AK : Andreas Kleinert


AmZ:

SuperView und diverse Datatypes sind nur einige Deiner langjährigen Projekte, die Du auch regelmäßig weiterpflegst.

Das klingt schon fast nach einem Fulltime-Job. Wie schaffst Du das? Was machst Du neben dem "Computern"?

AK:

Also, seit ich für mich persönlich den 48-Stunden-Tag eingeführt habe, lassen sich mein Informatik-Studium und mein "Berufshobby" Programmierung eigentlich ganz gut miteinander verbinden...

Nein im Ernst - auch als Schüler, Abiturient, Wehrpflichtiger und Datenverarbeitungskaufmann mußte ich natürlich darauf achten, nicht einen 24-Stundenjob daraus zu machen. Es ist sozusagen alles eine Frage der Organisation, und das klappt eigentlich auch recht gut.

AmZ: Seit wann beschäftigst Du Dich mit Computern? Welche Geräte wurden seitdem von Dir "gequält" und was war Dein erstes Programm?
AK:

Es muß so etwa 13-14 Jahre her gewesen sein, als ich mit einem C-16 anfing, danach folgten dann eine Reihe Rechner, darunter auch ein C64 und ein Amiga 500, bis hin zu meinen heutigen Computern (A4000 und PC).

Das erste echte Programm wird eine Art Strategiespiel gewesen sein - leider wurde es nie wirklich fertig.
AmZ: Stehen demnächst größere Updates Deiner Programme an? Bist Du mit dem Entwicklungsstand Deiner Programme zufrieden oder hast Du noch wichtige Etappenziele?
AK: Ich glaube nicht, daß ein Programm jemals wirklich fertig sein kann - jedenfalls nicht, solange das zugehoerige Rechnersystem noch in Veränderung begriffen ist.

Was die Zufriedenheit und Etappenziele angeht, bestimmen dies natürlich in erster Linie die Anwender der Programme - die Liste von Verbesserungswünschen ist nicht gerade klein.
AmZ: Du hast vor kurzem in SuperView ein neues, eigenes Grafikformat (RGFX) vorgestellt. Was ist der Vorteil gegenüber den etablierten Formaten? Wie kamst Du auf die Idee?
AK: Es gab bereits zwei Vorgaenger, die keine IFF-Formate waren. Dieses (und weitere) Mankos wollte ich beseitigen, und einen etwas offeneren "Standard" festlegen. Auf bestimmten Systemen ergeben sich außerdem gravierende Vorteile, was die Ladegeschwindigkeit angeht - es handelt sich hier gewissermaßen um eine Lücke, die alle anderen Formate bisher unbesetzt gelassen haben. Last not least, ist es das erste Grafikformat, das Xpk unterstützt, und somit für alle möglichen Komprimierungsverfahren offen ist.
AmZ: Wie schätzt Du die Chancen auf Akzeptanz und Verbreitung am Markt ein? Es wird, soweit ich weiß, außer in SView nur durch einen Datatype (eines anderen Programmierers) unterstützt. Sind Dir noch andere Projekte bekannt?
AK: Der Datatype und das zugehörige "Nach-RGFX"-Konvertierungsprogramm sind eigentlich bereits zwei sehr wichtige Faktoren für Akzeptanz und Verbreitung. Der Autor hat desweiteren vor (oder bereits fertig ?) RGFX-Unterstuetzung in sein Programm "Digital Almanach" einzubauen, weil er von den Möglichkeiten des Formates begeistert ist.
AmZ: Nicht durchgesetzt bis jetzt hat sich ja auch PNG, welches als Ersatz für das Copyright-belastete GIF eingeführt wurde. Gibst Du PNG eine ernsthafte Chance, trotz der gegenwärtigen Lage?
AK: Alle großen Browser unterstützen es bereits (auch Netscape und der Internet Explorer), außerdem ist es neben GIF und JPEG eines der drei offiziellen WWW-Grafikformate, die vom W3C festgelegt wurden. Was mit "Frames" möglich war, und sich mit "Style Sheets" bald wiederholen wird, kann PNG hinsichtlich der Akzeptanz sicherlich ebenfalls bald erreichen. Auch außerhalb des WWW ist es bereits fast überall vertreten, insbesondere auch in den großen Office- Paketen.
AmZ:

Deine Programme nutzen eine relativ bodenständige Benutzeroberfläche, für die Datatypes sind aber teilweise MUI-Oberflächen von Fremdprogrammierern geschaffen worden.

Hast Du Vorbehalte gegen MUI? Welche Entwicklungswerkzeuge verwendest Du?

AK:

MUI hat ein sehr schönes objektorientiertes Konzept, ist allerdings auch sehr umfangreich. Ich nutze MUI-Programme eigentlich recht gerne, möchte allerdings meine eigenen nicht unbedingt überfrachten, wenn es nicht nötig ist bzw. keinen großen Vorteil bringt.

Mein wichtigstes Entwicklungswerkzeug ist sicherlich SAS/C.
AmZ: Du bist ein Vertreter des Sharewarekonzepts. Hast Du Erfolg damit? Gibt es eine Tendenz in den Registrierungen?
AK:

Tendenziell kann man sagen, daß seit Jahren "zu wenig" Registrierungen eingehen - von Erfolg könnte man wahrscheinlich erst reden, wenn es um Größenordnungen wie bei "Shapeshifter" oder "MUI" ginge. Das ist allerdings nicht der Fall.

Das ist - für einen Studenten - sehr bedauerlich, und es führt auf die Dauer dazu, daß man sich nach Alternativen umsieht.
AmZ: SView war eines der ersten Programme, das umfangreichen PPC- Support bot. Wie siehst Du als Besitzer (davon gehe ich mal aus) und als Programmierer diese Beschleunigerkarten? Können Amigas mit ihnen den Rechenleistungsvorsprung zum PC aufholen, ohne ein speziell angepaßtes Betriebssystem?
AK:

Eine PPC-native Version des AmigaOS wäre zum derzeitigen Zeitpunkt ein nicht zu unterschätzender Vorteil - auch wenn natürlich eine einfache PPC-Portierung nicht reichen würde, denn es sind eben auch eine Menge Fehler zu korrigieren und Features hinzuzufügen.

Der reine Rechenleistungsvorsprung zu modernen PCs läßt sich auf diese Art - bzw. mit der kommenden pre/box von phase5 - sicherlich aufholen. Allerdings sind hier die verbliebenen Amiga-Programmierer gefragt, ihre rechenintensive 68k-Software für den PowerPC umzusetzen, um zu ermöglichen, diese Rechenleistung auch wirklich zu nutzen - und nicht zuviel Zeit auf der 68k-Seite bzw. in einer 68k-Emulation zu verbringen.

AmZ: Die ersten Wogen zum Konflikt der PPC-Softwareumgebungen von phase5 und Haage&Partner haben sich gelegt - die Konkurrenzsituation bleibt! Bietet WarpUp aus Deiner Sicht tatsächlich die versprochene, bessere Leistung oder tendierst Du eher zur Auffassung von phase5?
AK: Das ist natürlich ein sehr schwieriges Thema.

Ich möchte jetzt nicht unbedingt die eine oder andere Lösung vertreten - wie man leider immer wieder feststellen muß, kommt es in Newsgroups häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen Vertretern des einen oder anderen Lagers, die mal sachlich, mal weniger sachlich geführt werden.

Mit meinen Programmen unterstütze ich jedoch in erster Linie die Zukunft des Amiga als PPC-Plattform - für eine solche ist es allerdings eher ungünstig, wenn die Entwickler sich selbst in zwei Fraktionen auseinanderdividieren und damit womoeglich andere Programmierer abschrecken.

Ich denke, daß die Hauptfrage jene nach der einzuschlagenden Richtung für Amiga ist (und die Antwort ist eindeutig PowerPC, was die CPU angeht), und daß man in der Frage der Zukunftssicherheit der beiden PPC-Kernel als Anwender auf die beiden Hersteller vertrauen sollte. Hier sind sich auch nahezu alle Entwickler einig und vertreten diese Meinung auch geschlossen.

Aus Gründen, die ich hier im einzelnen nicht erläutern möchte, verwende ich persönlich jetzt und zukünftig allerdings den PPC-Kernel von phase5.

Eigentlich wäre der Kernel, ginge es nur um powerUP, eher zweitrangig, allerdings ist es einfach so, daß man die entsprechende Richtlinienkompetenz dem Hardwarehersteller zusprechen muß - auch und gerade im Hinblick auf kommende Entwicklungen wie pre/box und A/Box.

Sollten die WarpUp-Entwickler die für ihren Kernel entwickelten Programme auch auf einem solchen System lauffähig halten können - es hat schon schwierigere Aufgaben gegeben - dann wäre auch diese Frage hoffentlich kein Thema mehr.

Mit anderen Worten: wer einen PPC-Amiga haben möchte, sollte sich ihn jetzt zulegen - die PPC/WarpUp-Diskussion ist kein Argument dagegen. In erster Linie bestimmt die Hardware die Geschwindigkeit, nicht die Kernel-Software...

AmZ: Kann es mit Amiga Int. einen zweiten Frühling für den Amiga geben? Hältst Du das generell noch fuer möglich?
AK: Nichts ist unmöglich. Man könnte allerdings den Eindruck gewinnen, daß die Abstimmung zwischen Amiga International und Amiga Inc. nur mangelhaft funktioniert, und man sich generell zuviel Zeit läßt - aber das wäre natürlich eine höchst subjektive Einschätzung...
AmZ: Wie alt bist Du eigentlich, aus welcher Gegend kommst Du und wofür interessierst bzw. womit entspannst Du Dich abseits des Computers?
AK: 24 und aus dem Siegerland - mit allen möglichen Dingen, vorzugsweise mit Unterstützung von guten Freunden und Freundin. Man soll mich auch schon in diversen Siegener Studentenkneipen und Discos gesehen haben.
AmZ: Zum Abschluss die Standardfrage: Kanntest Du den AmZeiger vor meiner Anfrage? Und wenn ja: Wie findest Du ihn?
AK: Ich kannte ihn schon - es ist schließlich ein entsprechender Link auf meiner Homepage - aber ich habe bisher noch keine Ausgabe so gründlich studiert, daß ich mir eine fundierte Meinung hätte bilden können...
AmZ: Vielen Dank für das Interview!


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